FC WIL: TRAINER IACOPETTA IM INTERVIEW

FC Wil-Trainer Brunello Iacopetta. (Bild: Gianluca Lombardi/FC Wil)

Brunello Iacopetta hat im November 2021 den Posten des Cheftrainers der Äbtestädter übernommen und in dieser Zeit den FC Wil 1900 zu einen Super League-Aspiranten gemacht. Wie hat er das gemacht? Wil24 hat nachgefragt. (Gabriel Häller)

Die Woche der Entscheidung ist gekommen, sind Sie nervös?

Freudig angespannt würde ich es nennen. Für viele Spieler ist diese vorletzte Mai-Woche die wichtigste ihrer ganzen Karriere. Und die Region steht hinter uns, das freut mich sehr.

Was waren für Sie die grössten Herausforderungen, als Sie im Jahr 2021 den FC Wil 1900 als Cheftrainer übernommen haben?

Bei Antritt einer neuen Position stellen sich die gleichen Herausforderungen, wie in jedem Beruf. In erster Linie ist es wichtig, sich mit den Abläufen, dem Verein und den Spielern vertraut zu machen. Im Anschluss geht es darum, jene Veränderungen vorzunehmen, die man sich wünscht. Und schliesslich besteht die entscheidende Fragestellung darin, ob diese und in welchem Umfang umgesetzt werden können.

Wie teilen sich Cheftrainer, Assistenztrainer und Konditionstrainer die Aufgaben?

Vorab: Den Torwarttrainer darf man nicht vergessen. Auch dieser übernimmt mit der Ausbildung der Torhüter eine zentrale Verantwortung. Die erfolgreiche Bewältigung der Aufgaben erfordert eine enge Zusammenarbeit im Staff. Sämtliche Entscheide, beispielsweise der Ablauf des Trainings, werden gemeinsam besprochen und gefällt. Aber auch bei den Spielen hat jeder seine zugeteilte Rolle.

Der FC Wil 1900 beendete die letzte Saison auf dem zweitletzten Platz. Aktuell ist der Aufstieg in die Super League zum Greifen nah. Welche Massnahmen wurden in nur einem Jahr ergriffen, um die Leistung derart stark zu verbessern?

Als wir in der letzten Saison wussten, dass der SC Kriens absteigen wird, haben wir uns bereits auf die nächste Saison fokussiert. Dank unserer frühzeitigen Planung waren wir im Vorteil und wussten bereits früh, mit welchen Spielern wir in die kommende Saison starten würden. Die Erfolge des FC Wil 1900 sind nicht nur mir als Trainer zu verdanken, sondern der kollektiven Leistung des Vereins. Vor allem auch den Spielern! Mittlerweile hat sich dieses „gemeinschaftliche Denken“ im Klub bewährt und durchgesetzt. Und so ist viel Ruhe eingekehrt.

Welche Erwartungen hätten Sie an Ihr Team, sollte der Aufstieg gelingen?

Der Begriff «Erwartungen» ist für mich das falsche Wort. Vielmehr hätte ich den Wunsch, dass wir den Willen, den wir in der laufenden Saison gezeigt haben, weiterhin auf den Platz bringen und mit Freude der neuen Herausforderung entgegentreten können. Es wäre eine geniale Herausforderung in der Super League spielen zu können, aber aktuell befinden wir uns noch in der Challenge League und fokussieren uns darauf. Das nächste Mal morgen Abend gegen Lausanne.

Wie wichtig für den Erfolg ist die Teamchemie und wie fördern Sie diese?

Die Chemie im Team ist für den FC Wil 1900 unglaublich wichtig und die Grundlage unseres Erfolgs. Es ist die Basis jedes Mannschaftssports – ohne geht es nicht. Gemeinschaftliches Handeln ist der Kern unseres Vereins, sei es auf dem Platz oder in der Freizeit. Das zu fördern ist jedoch nicht immer einfach oder planbar. Primär ist die Auswahl von Personen, die nicht nur fachlich kompetent sind, sondern auch die Werte und Ziele des Vereins kennen, wichtig. Zweitens ist es wichtig, regelmässig entsprechende Massnahmen zur Zusammenarbeit im Team zu treffen und zu kommunizieren. Die Spieler sind sich dessen bewusst, dass eine gute Teamchemie wichtig für den Erfolg der Mannschaft ist. Ohne Chemie ist es für mich unmöglich, erfolgreich zu sein. Es gibt genügend Beispiele aus dem Fussball und auch anderen Mannschaftssportarten, die zeigen, dass eine Mannschaft, welche nur finanziellen Mittel hat, aber keine Teamchemie, in der Regel nicht funktioniert.

Wie gehen Sie damit um, wenn ein Spieler unzufrieden mit seiner Einsatzzeit ist?

Das ist tatsächlich eine schwierige Frage. Jeder Trainer ist sich bewusst, dass der Spieler auf seine Einsatzzeiten kommen möchte. Dennoch zählt bei uns das Leistungsprinzip. Dies ist abhängig davon, was der Spieler leistet und welche Rolle er innerhalb der Mannschaft übernimmt. Auch ist die Entwicklung des Spielers im Verlauf der Saison wichtig: welche Rolle hatte ein Spieler zu Beginn der Saison und wie hat sich diese verändert. Die Spieler werden laufend auf ihre Leistung im Training und im Spiel überprüft. Anschliessend treffen wir die Entscheidung, wer im Aufgebot steht.

Ich teile den Spielern transparent mit, weshalb er geringere Einsatzzeiten aufweist. Auch wenn es im Moment für ihn enttäuschend ist, bin ich überzeugt, dass die Spieler den Entscheid akzeptieren. Dem Spieler bietet sich dadurch die Möglichkeit, die Leistungen zu verbessern und dadurch die fehlenden Einsatzzeiten zu korrigieren.

Wie gehen Sie nach einer Niederlage vor und welche Massnahmen ergreifen Sie, um die Gründe für die Niederlage zu analysieren und Ihre Mannschaft für das nächste Spiel zu motivieren?

Sämtliche Spiele müssen, unabhängig vom Resultat analysiert werden. Oftmals wird eine Niederlage als «alles wurde falsch» und ein Sieg als «alles wurde richtig» gemacht interpretiert. Dem ist jedoch keineswegs so. Für mich ist es wichtig, wie wir uns auf dem Rasen präsentieren. Können wir unsere Leidenschaft, unseren Willen und unsere Mentalität auf dem Platz zeigen? Das sind entscheidende Aspekte, die zeigen, ob wir bereits sind als Team unser Bestes zu geben. Das ist für mich grundsätzlich wichtig. In einem zweiten Schritt werden die technischen und taktischen Aspekte diskutiert.

Das heisst? 

Man analysiert, was man sich vorgenommen hat und prüft, weshalb es nicht erreicht wurde. Entsprechend müssen daraus die richtigen Schlüsse und Massnahmen gezogen werden, was wir für das nächste Spiel mitnehmen. Ich bin jedoch der Meinung, dass es in jedem Spiel, unabhängig von Resultat, positive Momente gibt, auf welchen man aufbauen kann. Anschliessend ist es ein Entwicklungsprozess der Mannschaft, auch wenn es nicht gleich im ersten Spiel ersichtlich ist. Durch die laufende Analyse der Spiele kann die Mannschaft für das nächste Spiel motiviert werden.

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