FLOORBALL THURGAU: MARCO BÖTSCHI GIBT DAS PRÄSIDIUM WEITER

Die aussergewöhnliche Lage im letzten Jahr hat Marco Bötschi bewogen, ein weiteres Amtsjahr anzuhängen und den Verein in dieser schwierigen Zeit zu unterstützen. Nun ist es aber soweit und er wird an der diesjährigen Generalversammlung sein Amt als Präsident von Floorball Thurgau niederlegen. Im Interview blicken wir zurück und wagen auch bereits einen Ausblick in die Zukunft von Floorball Thurgau.

Bildlegende: Präsident Marco Bötschi (rechts) am Floorball Day 2019/20 (Foto: Floorball Thurgau)

(Floorball Thurgau) Hallo Marco, vor vier Jahren hast du das Amt des Präsidenten bei Floorball Thurgau als Quereinsteiger übernommen. Welche deiner Ziele konntest du gemeinsam mit deiner Führungscrew in den vergangenen Jahren erreichen?

Marco Bötschi: Ja, viele Baustellen konnten wir beheben, neu organisieren und ein stabiles Fundament aufbauen. Zu Beginn musste ich den Verein aus einer für mich neuen (Vorstands-) Sicht kennenlernen. In einer meiner ersten Ansprachen habe ich von den drei «L» gesprochen:

  • Lokales Engagement seitens der Vereinsmitglieder, aber auch im Bereich Sponsoring fördern.
  • Die Teamstützen sollen Leadership (Führung) leben und die Entwicklung unserer Leistungsteams vorantreiben.
  • Ich erwarte Leidenschaft auf und neben dem Spielfeld.

In der ersten Phase konnten wir einige neue, lokale Sponsoren für unseren Verein bzw. unsere Ideen gewinnen. Jedoch ist, natürlich bedingt durch Corona, in den letzten eineinhalb Jahren unser Bestreben in diesem Bereich ins Stocken geraten. Wir sind an einer Weggabelung angelangt, bei welcher wir uns als Verein entscheiden müssen, ob wir den Weg des Leistungssports gehen wollen oder wir unsere eingeschlagene Richtung, sich der nationalen Spitze anzuschliessen, überarbeiten. Ich bin überzeugt, dass wir unsere hohen Ziele mit der Unterstützung der Thurgauer Gemeinschaft erreichen und uns mittelfristig an der nationalen Spitze etablieren können.

Was überzeugt dich und veranlasst dich zu dieser erfreulichen Prognose?

Marco Bötschi: Der Thurgauer Weg! Unsere Spieler haben sich in den letzten vier Jahren weiterentwickelt. Die sehr gut ausgebildeten jungen Spieler aus der Sportschule können sich bereits in der U18 und U21 mit der nationalen Spitze messen und realisieren, dass wir im Thurgau in vielen Aspekten mit den Spitzenvereinen mithalten können. Es ist nicht verwunderlich, dass etwa 15 Junioren von Floorball Thurgau ein Aufgebot für ein Nationalmannschafts-Camp oder -Spiel (U17, U19 und U23) erhalten haben. Unser Fokus auf die Weiterentwicklung des einzelnen Spielers und der Teams im Juniorenalter trägt Früchte. Dem Trainerstab ist es gelungen, die erfahrenen Spieler auf diese Reise mitzunehmen und jedem seine spezifische Rolle im Team klar zu kommunizieren. Dieses gewonnene Selbstvertrauen, viel harte Arbeit im Training, der Wille sich stetig zu verbessern sowie die Leidenschaft für den Sport und unseren Verein treibt nicht nur die Spieler an, sondern hat den ganzen Verein angesteckt.

All diese Veränderungen waren nur dank der Führungscrew im Vorstand, dem Trainerstab, der Spieler, dem kantonalen Verband Thurgau Unihockey sowie all unseren Sponsoren, Gönner, Freunden und Fans sowie den vielen Helfer*innen von Floorball Thurgau möglich.

Wenn du Ereignisse aus dieser Zeit hervorstreichen müsstest, welche bleiben dir in besonderer Erinnerung?

Marco Bötschi:  Aus sportlicher Sicht gibt es für mich drei Schlüssel-Ereignisse.

Erstens: Der Doppelaufstieg der U21B- und U18B-Mannschaft in der Saison 2017/2018. Für das U18-Team war der Aufstieg das erklärte Saisonziel und die U21-Jungs haben uns mit dem Ligawechsel überrascht. Die Begeisterung der Spieler, Trainer und der Fans war sehr gross. Es war wichtig, dass wir künftig die Sportschüler mit dem Angebot U18A und U21A halten und die Weiterentwicklung der Spieler im Thurgau fördern können. Dies war für mich die Initialzündung der Erfolge, die wir heute im Leistungsbereich feiern dürfen.

Zweites Highlight war das letzte und entscheidende Auf-/Abstiegsspiel der U21A-Jungs gegen Fribourg in der Saison 2018/2019. Mir war bewusst, dass ein möglicher Abstieg eine entscheidende Rolle für den weiteren Verlauf des Vereins haben wird. Der Trainerstab und alle Spieler haben sich den Sieg mit einer tollen Mannschaftsleistung erkämpft. Ich habe selten auf der Tribüne als Fan oder Präsi so gelitten – Puls über 150 inklusive – und war froh, einen zwar verletzten aber sicheren «Zorro»-Penaltyschützen in unseren Reihen zu wissen.

Und lass mich raten, dein drittes Highlight hat etwas mit dem Cup zu tun?

Marco Bötschi: Genau! Das waren die Cupspiele in der Saison 2019/2020. Zuerst durften wir ein unglaubliches Comeback unserer Mannschaft im letzten Drittel gegen den NLA-Vertreter UHC Uster erleben. Der Sieg in der Verlängerung hat unser Team sowie das gesamte Vereinsumfeld im Glauben gestärkt, dass wir regelmässig NLA-Vereine besiegen können. Den folgenden Viertelfinal gegen den HC Rychenberg-Winterthur vor 1000 Zuschauern zu spielen, war für alle Beteiligten ein Riesenerlebnis. Am Schluss haben wir (zu) deutlich verloren. Was wäre gewesen, wenn uns in der 39. Minute anstelle des 2:5 für den HCR der Anschlusstreffer gelungen wäre? Egal, es war eine super Unihockeynacht für uns alle.

Das waren deine sportlichen Highlights – was sind die schönsten Momente neben dem Spielfeld?

Marco Bötschi: Auch da gab es einige! So bleiben mir die Modernisierung unseres Logos, die vielen tollen Begegnungen und Gespräche mit unihockeybegeisterten Menschen sowie die Freundschaften, die ich während der letzten vier Jahre neben dem Spielfeld schliessen durfte in bester Erinnerung.

Eine starke emotionale Verbundenheit spürst nicht nur du zum Verein. Welchen Stellenwert hat Floorball Thurgau im Kanton Thurgau und der nationalen Unihockeyszene?

Marco Bötschi: Der Unihockeysport im Thurgau hat leider noch nicht den Stellenwert, den er verdient hätte. Die Thurgauer*innen sind sich nicht bewusst, dass mit den Red Lions Frauenfeld (Damen NLA) und Floorball Thurgau (Herren NLB) sowie deren Nachwuchsabteilungen, welche in den höchsten Schweizer Ligen spielen, sich zwei Vereine mit der nationalen Spitze messen. Dank der vermehrten TV-Präsenz und den gemeinsamen Anstrengungen mit dem Thurgauer Unihockeyverband den Schüler*innen den Sport näher zu bringen, wird sich der Bekanntheitsgrad und somit auch der Stellenwert zukünftig laufend steigern.

Der Weg für die Zukunft ist also geebnet. Wenn du einen Wunsch frei hättest für die FBTG-Zukunft, wie sähe dieser aus?

Marco Bötschi: In möglichst naher Zukunft hoffen wir alle, dass bald ein normaler Meisterschaftsbetrieb möglich wird. Dank einer sehr eng geführten Kostenkontrolle konnten wir das letzte Jahr trotz schwierigen Zeiten finanziell gut überbrücken. Es würde für uns und viele andere Vereine aber extrem schwierig werden, ein zweites oder drittes Corona-Jahr zu überstehen.

Aktuell noch etwas weiter weg, aber ein grosser Traum ist eine eigene Eventhalle für den Thurgauer Unihockeysport. Es muss nicht die Grösse der Winterthurer AXA-Arena haben, aber eine Event-Halle mit Tribüne für 1000-3000 Zuschauer würde dem Sport in unserem Kanton nochmals einen riesigen Boost geben.

Wir hoffen alle, dass es bald weitergeht – nicht nur im Spitzenbereich sondern auch im Breitensport. Was empfiehlst du Eltern, deren Kinder sich in der Juniorenzeit für den Leistungsweg im Unihockey entscheiden?

Marco Bötschi: Das Kind muss vom Weg überzeugt sein! Da ich selbst zwei Söhne habe, welche die Unihockeyschule in Erlen besucht haben, beziehungsweise noch besuchen, kann ich hier aus Erfahrung sprechen. Wir Eltern können das Kind unterstützen, schlussendlich muss jedoch das Kind früher aufstehen und ist am Mittag nicht mehr zu Hause. Unsere Söhne haben sich schnell an die Situation und den neuen Tagesablauf gewöhnt und wurden selbstständiger. Der Übertritt von der Oberstufe in die Lehre war kaum spürbar, denn früher aufstehen, mit Bus zur Arbeit und am Mittag nicht zu Hause zu sein war bereits gelebter Alltag der Sportschule.

Was unternimmt Floorball Thurgau, um diesen Leistungsweg möglichst stark zu fördern?

Marco Bötschi: Die Ausbildung der U16- bis U21-Spieler ist auf einem internationalen Top-Niveau. Wir investieren sehr viel Geld in die Weiterentwicklung des Leitungssports im Juniorenalter. Floorball Thurgau ist in der Schweiz der einzige Unihockeyverein, welcher in diesen Altersklassen Profitrainer mit den höchsten Trainerausbildungen angestellt hat. Der Erfolg der letzten Jahre können wir nur aufrechterhalten, wenn wir unseren Weg der Förderung der eigenen Spieler weiterverfolgen.

Als Präsident lebt man aber nicht nur die sportliche Entwicklung hautnah mit, auch der Verein soll wachsen. Wo hast du bei deiner Vereinsarbeit Schwerpunkte gesetzt?

Marco Bötschi: Ein grosser Verein wie Floorball Thurgau benötigt gesunde Finanzen. In der Vereinsführung war die Kostenkontrolle sowie die Stabilisierung unserer Finanzen somit ein ganz zentraler Aspekt für mich. Dank einer strengen Kontrolle konnten wir die Kosten reduzieren und zudem die Einnahmen leicht optimieren. Diese Anstrengungen haben uns im letzten Jahr mit Corona sehr geholfen und den Verein finanziell sicher durch dieses turbulente Jahr geführt.

Die Arbeitslast der einzelnen Vorstandsmitglieder war sehr hoch. Glücklicherweise ist es uns in den letzten beiden Jahren gelungen, neue Kollegen*innen für den Vorstand zu gewinnen und die Arbeiten neu aufzuteilen. Für das nächste Jahr planen meine Vorstandskollegen*innen weitere Veränderungen, welche uns auf dem Weg der Weiterentwicklung des Vereins und Unihockeysports unterstützen werden. Da darf man sich auf einiges freuen!

Du wolltest eigentlich schon früher deinem Nachfolger übergeben, bist aber während der ungewissen Pandemiezeit verdankenswerter Weise nochmals in die Hosen gestiegen. Wie intensiv war dieses Jahr für dich?

Marco Bötschi: Extrem intensiv – aber auch lehrreich! Als im November die Meisterschaften unterbrochen beziehungsweise im Januar abgebrochen worden sind, gab es auf Verbandsstufe viele Online-Sitzungen, Diskussionen und Arbeit hinter den Kulissen. Beispielsweise gab es zum zweiten Mal in Folge keine Möglichkeiten von Auf-/Abstiegsspielen. In diesem Punkt und bei Abstimmungen um das weitere Vorgehen waren nicht alle Nationalliga-Teams gleicher Meinung. So entstanden gute aber oft sehr intensive Diskussionen. Nur Dank der Unterstützung von Daniel Costa (Sportchef, Anm. d. Red.) und Beni Bötschi (Leiter Leistungssport, Anm. d. Red.) konnte ich den Aufwand bewältigen.

Die finanzielle Lage und wie wir die Teams zusammenhalten können waren weitere Herausforderungen, die so niemand geplant hat. Nebst der eigenen Kostenkontrolle haben uns der Stabilisierungsfonds seitens Swiss Olympic und swiss unihockey sowie die Kantonalen Entschädigungen geholfen. Der Trainingsbetrieb der unter 16-Jährigen konnte weitergeführt werden und in den Leistungsteams hat man versucht, sich online mit individuellen Kleingruppen und in Aussentrainings fit zu halten.

Herzlichen Dank für das Interview und deine leidenschaftliche Hingabe für unseren Verein. Schön zu wissen, dass du auch in Zukunft ein Teil der Bewegung bleiben wirst.

Marco Bötschi: Danke! Auf diesem Weg möchte ich meinen Vorstandskollegen*innen, Sandra Beck als Geschäftsstellenleiterin, dem Thurgauer Unihockeyverband, den Trainer*innen und Spieler*innen, den Sponsoren, Gönnern und Fans sowie allen Eltern und Freunden des Unihockeysport für die Unterstützung der vergangenen Jahre danken. Wir konnten gemeinsam vieles bewegen, sind aber noch nicht an unserem Ziel angelangt. Ich wünsche meinem Nachfolger und meinen Vorstandskollegen*innen viele Energie, Geduld und Zielstrebigkeit

 In den nächsten Tagen werden wir über die Nachfolge von Marco Bötschi und die weiteren Veränderungen im Vorstand informieren.

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