(JG) Nach einer beeindruckenden Karriere als Spitzensportlerin baut Karin Weigelt nun ihre eigene Marketing-Firma auf. Aus einer Unternehmer- und Politikerfamilie stammend, hat sie sich aber auch politisch hohe Ziele gesteckt. Die Schweizer Handball-Rekordnationalspielerin mit Auslanderfahrung kandidiert als Vertreterin des Kantons St.Gallen auf der Hauptliste der FDP für den Nationalrat.
War das erste Interview dem Thema aktive Sportkarriere gewidmet, sprach regioSPORT.ch mit Karin Weigelt im zweiten Teil über die Themen Herausforderungen der Zukunft, das Engagement der Sportvereine und Karin Weigelts Ziele in Bern.
regioSPORT.ch: Karin Weigelt, Sie kommen aus dem Handballsport. Bewegen Sie auch nach der erfolgreichen Aktivkarriere etwas für die Zukunft Ihres Sports?
Karin Weigelt: Handball war über viele Jahre meine ganz grosse Leidenschaft. Ich durfte sehr viel von der Lebensschule Sport profitieren und will meine Erfahrungen aus 11 Jahren internationalem Profi-Sport gerne auch in der Schweiz einbringen. Mit meinem Mandat für die Projektleitung zum Aufbau des ersten nationalen Leistungszentrums für Schweizer Handballerinnen kann ich genau das tun. Mit der Handball Akademie schaffen wir neue Strukturen und professionalisieren das Trainingsumfeld unserer jungen Talente in einem einzigartigen Kompetenzzentrum, das Sport, Ausbildung, Prävention und sportmedizinische Betreuung vereint. Dass wir dabei Synergien mit den Eishockeyaner des EV Zug nutzen können, freut mich besonders. Für den Frauenhandball in der Schweiz ist das ein ganz wichtiger Schritt.
Im Nationalrat gibt es viel zu tun? Was können Sie einbringen?
K. W.: Ich hatte die Möglichkeit, während meiner Zeit im Ausland von aussen auf die Schweiz zu schauen. Das ermöglicht klarer zu erkennen, in welchen Bereichen die Schweiz gut aufgestellt ist, jedoch auch, wo andere Länder bessere oder andere Lösungen gefunden haben. In Norwegen habe ich beispielsweise eine offene und tolerante Gesellschaft erlebt, in der die Gleichberechtigung bereits verinnerlicht ist. So ist der Stellenwert von Frauen und Männern in der Wirtschaft wie auch in der Politik praktisch gleich. Dies gilt auch für den Sport und dessen Präsenz in den Medien. Ausserdem sind uns die Norweger in der Digitalisierung mindestens zwei Schritte voraus. Beispielsweise sind die elektronische Identität (e-ID) und die digitale Gesundheitsakte bereits standardmässig im Gebrauch.
Andererseits erlebte ich ein Frankreich, das unter dem Zentralismus leidet und in aufwändiger Bürokratie untergeht, während die Provinzregionen vernachlässigt und vergessen werden. Diese und viele weitere Erfahrungen zusammen mit den Lehren aus dem Spitzensport haben mir klar gemacht, dass ich in einer Schweiz leben möchte, wo Eigeninitiative und Selbstverantwortung möglich sind, wo Mut belohnt wird und Innovationen gefördert werden. Für diese Werte setze ich mich ein. Denn sie waren mir nicht nur als Sportlerin wichtig, sondern auch heute als selbständige Unternehmerin und Politikerin.
Man spürt aus Ihren Antworten die zielbewusste Sportlerin und die engagierte Unternehmerin heraus. Welche Werte sind Ihnen als Politikerin wichtig?
K. W.: Respekt ist die Basis für alle Lebensbereiche. Wichtig ist mir aber auch, dass wir optimistisch und zukunftsgerichtet nach vorne schauen. Ich gehe Herausforderungen positiv an, will Chancen nutzen statt Ängste schüren sowie unkonventionelle Ideen zulassen und vor allem auch alte Strukturen überdenken. Die Welt dreht sich und wir uns mit ihr. Ganz nach meinem Lieblingszitat „Leben ist Bewegung und Bewegung heisst Veränderung. Wer nicht bereit ist, sich zu verändern, wird auch nichts bewegen“ stehe ich für eine engagierte und selbstbewusste Politik.
„Sportler für Sportler“ – wie können Sie sich in Bern für die Sportlerinnen und Sportler einsetzen?
K. W.: Unsere Schweizer Sportvereine leisten Unglaubliches. 70 Millionen ehrenamtliche Arbeitsstunden werden jährlich geleistet. Begriffe wie Fairness, Respekt, Durchhaltewille oder Teamgeist werden in Sportvereinen mit Inhalt gefüllt, werden erlebbar und erlernbar. Damit tragen Sportvereine entscheidend zum Erhalt unseres Wertesystems bei, ohne soziale, religiöse oder politische Ausgrenzung. Angesichts dieser Leistungen, die beispielsweise mit positiven Inputs für die Volksgesundheit, einer hohen Integrationsleistung oder sinnvoller Freizeitgestaltung Jugendlicher ergänzt werden könnten, verdienen Sportvereine deutlich mehr Anerkennung. In einer sich immer stärker individualisierenden Welt wichtiger als je zuvor. Sportvereine sind nicht nur an Jubiläen und Festen zu würdigen, sondern ihnen müssen auch im Alltag Rahmenbedingungen gewährt werden, die ihnen ein langfristiges Überleben ermöglichen.
Wie sieht der Endspurt vor dem 20. Oktober aus?
K. W.: Der bleibt engagiert bis zum Schlusspfiff. Wie jeden Sonntagabend um 20:30 Uhr trete ich bis zu den Wahlen in der Live-Talk-Sendung „die politische Woche“ auf, die auf Facebook übertragen wird. Ausserdem trete ich zusammen mit Marcel Dobler bei einer Veranstaltungsreihe zum Thema Jugend&Internet auf (30.9. in St.Gallen, 4.10. in Wil, 9.10. in Rapperswil und am 11.10. in Rorschach). Besonders freue ich mich auf den 10. Oktober, an dem ich die Männerriege in Flawil besuche und mit ihnen ein gemeinsames Training mache. Ein weiteres Highlight steht am 14.10. beim «Start up Forum» an der Olma an, wo ich vor rund 500 Gästen einen Speech über meine unternehmerischen Aktivitäten halte. Es läuft also noch einiges bis zu den Wahlen und das ist auch gut so.
Frau Weigelt, vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg!