VOLTIGE LÜTISBURG MIT SAISONABSCHLUSS

Die Voltige Lütisburg zeigte zum Abschluss gute Lesitungen. (Bild: Lorena La Spada/Voltige Lütisburg)


Letztes Wochenende wurde mit den Schweizermeisterschaften 2024 die Saison abgeschlossen. Auf der grosszügigen Anlage des Horseparks in Dielsdorf fand sich ein breites Publikum ein, um – dem garstigen Herbstwetter trotzend – der Elite des Schweizer Voltigesports die Ehre zu erweisen. (Corinne Strässle)

Das hübsch aufgeräumte Programm sah am Freitagabend alle Pflichten der Gruppen und Einzelvoltigierer:innen vor. Die Zuschauer zierten sich zwar noch sehr mit Präsenz, die Athleten:innen liessen sich jedoch von den leeren Tribüne nicht beindrucken und lieferten durchgehend solide ab. Schliesslich galt es bereits, wichtige Punkte zu sammeln und auch Territorium für die beiden folgenden Kürtage zu gewinnen.

Lütisburg Junioren 1 zeigte sich zunächst nicht in Bestform und musste sich im Pflichtteil einigen Herausforderungen stellen. Team Junioren 2 von Lütisburg konnte eine solide Leistung abrufen. Der erste Kürdurchgang am Samstag erfolgte bereits mit gestürzter Startliste und mischte alles aufs Neue. Die Darbietungen zeigten schmerzhaft, dass für Toprangierungen nicht nur die eigene Leistung entscheidend ist, sondern manchmal auch minimale Patzer der Mitbewerber dazu beitragen.

Die beiden Teams von Lütisburg 1 und Lütisburg 2 bewiesen Nervenstärke. Martina Brander longierte Solitario sicher und respektvoll, so dass das Team die verschenkten Punkte aus der Pflicht problemlos wettmachen konnten. Ihre präzise und ausdrucksstarke geturnte Kür brachte sie auf den zweiten Zwischenplatz. Lütisburg 2, SJ-Frischlinge, lief unbeschwert und voller Vorfreude mit Lady und Moni Winkler-Bischofberger (Ersatz für Stephanie Hangartner, welche vor 10 Tagen Mami geworden ist) in den Zirkel ein. «Trotz vieler kurzfristigen Änderungen in der Longenführung, der Gruppenbesetzung und dementsprechend bei den Kürblöcken konnten wir unser Können zeigen. Wir sind zwar ohne Rangziele an unserer ersten SM gestartet, aber der sagenhafte 3. Zwischenrang freut uns natürlich schon riesig!»

Die Finalküren brachten dann erste Enttäuschungen zu Tage und zeigte, dass auch die Spitzenklasse der Voltigierer nicht von minimalen Abweichungen bei der Notengebung verschont bleibt. Lütisburg Junioren 2 riefen – unter dem angespannten Blick von Beluga, welche auf dem Kiss & Cry-Podestli ausharrten – ihre Saisonbestleistung ab und begeisterten das Publikum erneut mit ihrer zauberhaften Kür, welche von den Richtern mit der Endnote 7.541 belohnt wurde. Der minimale Abstand von 14 Hundertstel Punkte verwies somit die Toggenburger auf den undankbaren vierten Platz. Die Finalkür von Lütisburg Junioren 1 wurde mit Topbewertungen in der Technik belohnt, was ihnen den Vizeschweizermeistertitel 2024 sicherte. «Wir sind besonders stolz auf unseren «Soli»! Mit seinem Vertrauen und seiner Ausdauer hat er uns den Rücken gestärkt und massgeblich zu unserem Erfolg beigetragen!» so das Team unisono. «Diese Meisterschaften sind für uns ein unvergessliches Erlebnis, das uns beweist, was wir als Team erreichen können!»

Die Lütisburgerin Juniorin Miria Kleger turnte im Einzel unspektakulär, aber solide auf Solitario, longiert von Martina Brander. Sie konnte sich über alle drei Durchgänge im SJ-Mittelfeld halten und fand sich auf dem siebten Schlussrang wieder.

Der Pflichtteil der Senioren Einzel lief ohne grosse Überraschungen ab. Pflichtweltmeisterin Nadja Büttiker mit Moni Winkler und Acardi etablierte sich vor Ilona Hannich und Teamkollegin Sina Graf. Im schmalen Starterfeld der Herren ST konnte sich Wiedereinsteiger Sven Ris auf Fürst Fabelhaft mit Longenführerin Moni Winkler-Bischofberger den zweiten Zwischenrang erturnen.

Bereits der Technikteil vom Samstag brachte eine Ruptur in die Spitze. Ilona Hannich konnte sich mit ihrem sauberen Technikteil an Nadja Büttiker vorbeiturnen. Sina Graf auf Acardi hielt sich unbeeindruckt auf Rang 3.

Ilona Hannich, welche seit knapp zwei Jahren für Lütisburg auch Einzel startet, zog schliesslich am Finaltag noch einmal sämtliche Register. Technisch, athletisch und im Ausdruck überzeugte die Bernerin ein letztes Mal. Nachdem sie im Sommer bereits die gesamte Postfinance Arena zu Tränen gerührt hatte, liess sie auch in Dielsdorf die Emotionen nochmals aufkommen. Mit ihrer langjährigen Trainerin Alanah Som auf Calin überzeugte sie die Richter und das Publikum. «Moni und ich entschieden sehr kurzfristig, Rayo (Lütisburg) nicht an die SM mitzunehmen, damit er sich gut von seinem leichten Hufabszess erholen kann», so Hannich mit fester Stimme. «Ohne ein einziges Training auf Calin war die Sache schon sehr spontan, doch er machte seinen Job echt super und so konnte ich saubere Runden turnen.»

Nadja Büttiker, 14fache Medaillenträgerin nationaler und internationaler Championate, erhielt den Vizemeistertitel. Der Abstand zu Ilona Hannich von 14 Tausendstel zeigt, wie nah sich die Spitzenathleten bewegen. Sina Graf erhielt die hochverdiente Bronzemedaille für ihre grossartige emotionale Kürdarstellung.

Die abtretende Ilona Hannich zeigt sich einfach nur dankbar. «Im Einzel gewann ich zum ersten Mal in meiner Elite-Karriere den Schweizermeistertitel. Die Umstände waren etwas chaotisch», so Hannich, «und damit hätte ich nicht unbedingt gerechnet. Ich war verletzt und konnte noch vor wenigen Wochen kaum trainieren. Der Reha-Plan ging aber auf und ich erreichte quasi mit einer Punktlandung an der SM wieder eine gute Form.»

Sven Ris schloss dieses Championat ohne weitere Ueberraschungen ab und darf mit dem Vizemeistertitel zufrieden sein.

Mit ihrer Pflichtleistung bewies das Team Lütisburg Elite 1 mit Moni Winkler-Bischofberger auf Acardi van de Kappel mit aller Deutlichkeit, dass sie die absolute Spitze des Schweizer Voltigesports sind. Mit einem Punkteabstand von 1.2 verwiesen sie die Teams von Bietenholz und Tösstal auf die nachfolgenden Plätze.

Auch die erste Kür lieferte Lütisburg praktisch fehlerfrei ab. Sie wurden dafür mit Höchstnoten belohnt, darunter einer glatten 10.0 für die Artistik. Ihre Darbietung «Power of Women» erhielt bereits an der Weltmeisterschaften in Bern höchste Beachtung und erzeugt auch zum Abschluss der Saison noch Gänsehaut und Stolz bei den Zuschauern.

Schliesslich kam der unausweichliche Moment und das Elite Team von Lütisburg lief in den Zirkel ein. Die Anspannung war spürbar bis in die letzten Winkel der gut gefüllten Halle. Nadja, Ilona, Stefanie, Noemi, Sina, Leandra und Lanah (welche für die verletzte Lena einsprang) berührten die Zuschauer, die Richter und die anderen Athleten mit ihrer letzten, schlichtweg meisterlichen Darbietung. «Es war schwieriger, hier einzulaufen als im Sommer in Bern», erklärt Moni Winkler-Bischofberger mit belegter Stimme. «Zu wissen und mit jeder Faser zu spüren, dass etwas ganz Grosses zu Ende geht, ist fast unerträglich.»

Das Team löste frenetischen Applaus, stehendes Publikum und Tränen der Freude und des Stolzes aus.

Ilona Hannich fasst zusammen: «Die Schweizer Meisterschaft war für unser Team emotional überwältigend und ein voller Erfolg. Wir hatten unseren letzten gemeinsamen Auftritt und das war für uns alle wirklich emotional. Wir haben gemeinsam so vieles erlebt und erreicht und es ist noch schwer zu begreifen, dass diese Ära nun zu Ende ist.» Die zweite Kür war von Emotionen geprägt. Bereits beim Einlaufen hatten alle Tränen in den Augen. Es schlichen sich dann auch kleine ungewohnte Fehler ein, welche grosszügig verziehen werden können. «Wir konnten unser Thema immer noch stark rüberbringen und unseren letzten gemeinsamen Moment im Zirkel voll und ganz geniessen. Der einzige Wermutstropfen war,» so Hannich weiter, «dass wir auf Lena, unseren Flieger, verzichten mussten. Sie hat sich kurz vor der SM das Bein gebrochen und so konnten wir nicht unsere gewohnte Kür zeigen. Lanah aus unserem zweiten Juniorteam sprang kurzfristig ein und machte ihren Job super! Wir dürfen uns jetzt zum wiederholten Mal Schweizermeisterinnen nennen. Zudem wurden wir vom Publikum und mit einigen Reden sehr berührend und gebührend verabschiedet. Dafür sind wir so dankbar.»

Moni Winkler und Co-Trainerin Lisä Bieri ehrten dann auch im Rahmen der Rangverkündigung ihr ganzes Team ausführlich und namentlich und liessen die berühmten weinenden und lachenden Augen in der Halle zurück. Insbesondere mit dem Abschied von Nadja Büttiker von der grossen Voltigebühne geht eine Epoche zu Ende, die sowohl den Verein Lütisburg wie auch die Pferdesportwert geprägt hat. Der Abgang von Ilona Hannich bewegt die Massen ebenso, da sie vor allem nach ihrem diesjährigen Heimauftritt für starke Emotionen gesorgt hat. Beide sind Ausnahmeathletinnen, die sowohl im Einzel wie auch im Team und Pas-de-Deux überzeugen konnten. Diese Lücken zu schliessen wird Jahre dauern. Moni Winkler geniesst jedoch das volle Vertrauen aus ihren eigenen Reihen, von Seiten der Fachverantwortlichen und natürlich allen Sponsoren von Voltige Lütisburg, dass sie auch inskünftig ihr immenses Potential an Knowhow und Herzblut ausschöpfen und grossartige Erfolge verzeichnen wird!

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